von Axel Göttsch

Lazyboy, diesen Namen trägt der 35-jährige Heiner Boie schon seit seiner Zeit als Rapper und verwendet ihn auch noch heute. Er hat sich den Namen sogar als Künstlernamen in seinem Personalausweis eintragen lassen. Mit diesem Namen stellt er sich vor. Ganz egal ob bei Ämtern, Vorstellungsgesprächen oder andernorts. Selbst unter seinen Plattenkritiken bei brünett steht der Name Lazyboy. Er könnte so ein unbeschwertes Leben führen, ein paar Artikel verfassen, sich mit seiner Verlobten Monika treffen und sich gelegentlich, wenn im danach ist, irgendwelche Drogen reinwerfen. Wären da nicht die Türen.

Er öffnet eine Tür, geht hindurch und landet nicht, wie es sich vermuten ließe, im dahinterliegenden Raum, sondern ganz wo anders. Leider gelingt es Lazyboy nicht, Einfluss darauf zu nehmen, welche Tür ihn wohin führt. Dadurch gerät seine Welt komplett aus den Fugen. Er wird noch unzuverlässiger als er es eh schon ist – unhaltbar unzuverlässig. Schafft er es doch, zu einer Verabredung zu erscheinen, verschwindet er irgendwann spurlos, obwohl er eigentlich nur vor die Tür oder auf die Toilette wollte. In seiner Verzweiflung vertraut er sich einer Psychologin an, die sich mit ihm auf die Suche nach einer Lösung begibt. Doch erst nach dem Lazyboy die 13-jährige Daphne kennenlernt, soll sich einiges für ihn ändern.

Michael Weins erzähl mit Lazyboy gefühlvoll eine skurrile, vielschichtige und gleichermaßen spannende Geschichte über einen Mann, der versucht sein Leben in den Griff zu bekommen. Der Protagonist in diesem Buch ist, meinem Erachten nach, nicht gerade der sympathischste Mensch auf Erden. Beim Lesen dachte ich manchmal: „Junge! Werde erwachsen und übernimm doch mal Verantwortung!“. Trotzdem, oder gerade deshalb, finde ich es großartig, wie tief sich der Autor in die Rolle von Lazyboy gedacht hat und wie lebendig er ihn werden ließ. Eine Figur, die sich fast schon mit kindlicher Leichtigkeit durch Leben treiben lässt.
Nachdem ich herausfand, dass Michael Weins hauptberuflich als Psychologe arbeitet, hat es mich nicht besonders gewundert, dass er sich mit den Abgründen der menschlichen Seele auskennt. Auch Frau Merbold, die Psychologin, der sich Lazyboy anvertraut, ist authentisch dargestellt. Die Tatsache, dass dieser Roman komplett aus der Sicht der Hauptfigur geschildert wird, lässt den Leser genauso ahnungslos durch die Geschichte stolpern wie sie selbst.

Das der Roman unter anderem in Hamburg spielt, fand ich, der ich selbst über zwanzig Jahre in dieser Stadt gelebt habe, schön. So konnte ich unter anderem mal wieder einen Spaziergang um die Alster machen, am Schulterblatt etwas trinken gehen oder auch einfach am Beckenrand der Alsterschwimmhalle stehen.

Lazyboy ist sowohl ein Buch für Realisten als auch für Fantasten. Außerdem ist es eine schöne literarische Ergänzung während eines Aufenthalts in Hamburg, dem Tor (oder eben der Tür) zur Welt.